Teilnehmende Sportler der Breitensportgruppe des KSV Duisburg Wedau:
Gabriel „Gaby“ Penning
Florian „Flo“ Röhl
Marc Eckhardt
Sonntags. 4 Uhr morgens – ich kann nicht mehr schlafen. Der Wecker geht erst um 5Uhr, was
immernoch verrückt früh ist. Ich liege seit 21 Uhr am Vortag im Bett. Geschlafen habe ich erst um
kurz vor 23Uhr. Kaffee, Frühstück. Brötchen am Vortag gekauft, weil um diese gottverlassene Uhrzeit noch kein
Bäcker offen hat. Ganz normaler Wettkampf-Sonntag habe ich mir sagen lassen.
Um 7 Uhr wollen wir an der Wechselzone stehen um die letzten Vorbereitungen abzuschließen.
Am Freitag haben wir unsere Startunterlagen empfangen und den Ablauf in der Wechselzone
besprochen. Es gab Tipps von den erfahreneren Jungs und den Profis. Samstag Abend dann die
Radabgabe in der Wechselzone, mitsamt allen Sportsachen für den Wechsel am Renntag. Alles
wurde in Plastikbeutel verpackt. Es schüttet bereits aus Eimern.
Bis dahin sitze ich noch dreimal auf dem Klo. Auf Nummer sicher gehen. Nervosität macht sich
breit.
Um 6:20Uhr ziehe ich den Neoprenanzug an. Um 6:35 Uhr gehts zu Gaby. Von dort soll es um
6:45Uhr mit dem Auto zur Wechselzone gehen. Um 6:40 Uhr muss ich bei Gaby nochmal schnell
auf Klo. Ein letztes Mal – denke ich.
7Uhr in der Wechselzone. Gaby ist da, Rüdi ist da, Flo ist da. Nur Raph nicht. Der Beutel mit
unserem „Street Wear“ für nach dem Wettkampf ist abgegeben, also hat auch keiner mehr ein
Handy um ihn zu erreichen. Wir befreien die Räder aus den Müllbeuteln und legen ein paar letzte
Utensilien bereit.
Um 7:40Uhr soll die Wechselzone schließen und alle Athleten sollen sich am Schwimmstart
eingefunden haben. Raph ist um 7:20Uhr noch nirgends zu sehen.
Dann endlich – 7:25Uhr taucht er auf. Hektisch wird alles fertiggemacht. Der verlorengeglaubte
Fahrradcomputer wird schlussendlich dann doch noch am Boden einer Platiktüte gefunden. Alles
wird gut.
Ich war währenddessen nochmal auf den bereitgestellten Dixi-Klos, die sich regen Besuchs
erfreuen. Scheint also nicht nur mir so zu gehen vor einem Wettkampf.
7:40 stehen wir im Neo am Start. Erste Lautsprecherdurchsage: Der Start wird auf 8Uhr
verschoben.
Während sich die Jungs weiter vorne im Block mit der anvisierten Schwimmzeit um die 30min
eingefunden haben, stehe ich mit Rüdi im großen „>40min“ Block und warte. Nach dem Start wird
irgendwann die Absperrung zu den schnelleren Blöcken geöffnet. Langsam strömen alle nach
vorne. Um 9 Uhr bin ich immernoch nicht im Wasser. Mit dem Blick auf die Schwimmer dann die
Erkenntnis: man hätte sich locker weiter vorne einfinden können. Es sind bereits Brustschwimmer
und lahme Enten im Wasser, die mehr als deutlich hinter den übrigen Schwimmern zurückbleiben.
Aber egal. Die Stimmung ist ausgelassen und die Musik gut. Irgendwann spielt der DJ sogar
„Ruhrgebiet“ von Wolle Petry und viele singen mit.
Um 9:30 Uhr ist es dann endlich so weit. Mit eiskalten Füßen springe ich in die 19°C warme
Regattabahn. Es läuft von vornherein super. Ich kraule, finde einen guten Rhythmus, schwimme
an haufenweise Leuten vorbei. Gefühlt überhole ich nur. Das pusht mich und in Windeseile
erreiche ich schon die großen, schwarzen KONA-Bojen, die den Wendepunkt markieren.
Der Weg zurück zieht sich ein wenig. Die Arme werden spürbar schwerer, aber der Rhythmus
bleibt. Nach nur 38min komme ich aus dem Wasser – unerwartete Glanzleistung meinerseits.
Der Wechsel aufs Rad wurde weniger glänzend. Schon zum Start musste ich pinkeln. Im
Getümmel der anderen Athleten konnte ich nicht einfach laufen lassen. Also jetzt in der
Wechselzone. Neopren und Wettkampf-Einteiler machen das Wasserlassen am Pissoir nicht
einfach. Dann der Klamottenwechsel. Aufgrund des regnerischen und windigen Wetters will ich
ein langarm-Shirt überziehen. Mit meinen nassen Armen verheddere ich mich im Kleidungsstück
und die schweren Arme machen mir fast unmöglich mich anzuziehen. Dann ist es endlich
geschafft. Noch ein abschließender Check ob ich alles habe, dann geht es los. Am Ausgang der
Wechselzone feuern mich meine Tochter und Ehefrau an. „Los Papa!“
Endlich aufs Rad. Meine Lieblingsdisziplin. Ich bin Radfahrer – von Geburt an! Aber 90km Rennrad
im Wettkampf…. ich habe keinerlei Erfahrung in dem Bereich, also lasse ich es ruhig angehen.
Drei Stunden habe ich mir vorgenommen, 30er Schnitt. Ich hämmer los und muss mich direkt
bremsen. Bei 34km/h pendel ich mich ein. Fühlt sich fast zu einfach an. Über Neudorf geht es
zum Rotlichtviertel nach Hochfeld, über die Brücke der Solidarität nach Rheinhausen und dann
über Homberg bis nach Baerl hoch zum Wendepunkt. Auf der anderen Rheinseite peitscht einem
der Gegenwind den Regen ins Gesicht. Abschnittsweise fällt das Tempo dann doch unter die
30km/h, aber der Schnitt bleibt. Auf dem Weg zurück treibt einen der Rückenwind an und man
kann wieder vereinzelt Radfahrer überholen.
Auf der zweiten Runde wieder Gegenwind auf der anderen Rheinseite. Außerdem habe ich ab
Kilometer 50 eine volle Blase. Mit meiner Verpflegung bin ich bis hierhin sehr zufrieden. Alle
20Kilometer ein Gel, dazwischen Iso. Kein Wunder das die Blase voll ist.
Die Verpflegungsstation mit Dixie bei 66km lasse ich liegen und denke, dass ich es noch bis zur
Wechselzone schaffe. Als ich bei 74km wieder zur Wechselzone komme denke ich anders darüber
und halte an. Ein befreiendes Gefühl – trotz Wettkampf-Einteiler. Fürs nächste Mal brauche ich
einen Anzug, der einen längeren Reißverschluss hat!
Außerdem treffe ich am Dixie auf meine spätere Laufkollegin. Dazu gleich mehr.
Die letzten 15km vergehen wie im Fluge. Ich gebe nochmal Gas und habe das Gefühl alle zu
überholen. Später sagt mir ein erfahrenerer Triathlet, dass man auf der Radstrecke hintenraus
locker machen sollte um nicht mit vollem Lactat in den Beinen auf die Laufstrecke zu gehen…
Aha!
Nach 2:53 Stunden komme ich zurück zur Wechselzone. Der Wechsel in die Laufklamotten geht
zügiger von Statten. Witzigerweise hat die Sportlerin, die ich am Dixie-Klo in Homberg getroffen
habe, ihren Rad-Platz direkt neben mir. Wir wechseln ein paar Worte und stellen fest, dass wir die
selbe Laufzeit anpeilen. „Lass uns zusammen laufen!“ Gesagt. Getan.
Wir starten voller Elan und wie so üblich fühlen sich die ersten paar hunderte Meter superleicht
an. Aber wir wissen: da kommen noch 20km! Also besinnen wir uns auf eine vernünftige Pace von
5:45min den Kilometer. Der regelmäßige Blick auf die Uhr lässt uns nicht zu schnell laufen.
Unvorstellbar einen solchen Wettkampf aus dem Bauch zu laufen. Diese modernen Gimmicks
sind wirklich Gold wert!
Dani – wie meine Laufbegleitung heißt – und ich quatschen unentwegt und lenken uns von den
bald schmerzenden Beinen ab. Ich merke ab Kilometer 15 wie meine Knie steif werden und die
Muskeln dicht machen. Dani hat bei Kilometer 8 mit Bauchschmerzen zu kämpfen. Alleine hätten
wir an der Stelle vermutlich aufgegeben oder hart kämpfen müssen. Jetzt sind wir nicht alleine
und wir halten unseren Pace aufrecht. Die Verpflegung läuft gut und nach dem zweiten
Durchqueren des Wedaustadions gehen wir euphorisch in die letzte Runde. „Nur noch“ „eine
Runde Regatta“. Fast werden wir wieder zu schnell und müssen uns bremsen. Auch die letzte
Runde hat schließlich noch 7Kilometer.
Auf den letzten 2 Kilometern versuchen wir nochmal Gas zu geben, aber die Batterien sind leer
und wir halten nur noch unseren Pace und kommen endlich glücklich ins Ziel! Was für ein Event!
Was für ein großartiges Gefühl das geleistet zu haben!
Insgesamt bleibe ich mit 5:48:39Stunden wie anvisiert unter 6 Stunden für die gesamte Distanz.
Wie geplant. Bei meinem moderaten Trainingsaufwand bin ich damit vollkommen zufrieden!
Gaby und Raph kommen unabhängig voneinander mit den exakt gleichen Zeiten ins Ziel. 4:45:02
Stunden… wahnsinnige Leistung für die beiden semi-professionellen und sehr ambitionierten
Hobysportler! Flo schafft es mit 5:26Stunden und Rüdi kommt nach 6:58Stunden ins Ziel. Alle
sind glücklich.
Nachmittags kommt die ganze Truppe mit Familie und Partnerinnen noch zum Grillen bei uns
vorbei und wir lassen den ganzen Wettkampf nochmal Revue passieren. Jeder erzählt seine
Geschichten und es wird viel miteinander gelacht.
„Nie wieder!“… „Das letzte Mal!“ fällt ein paar Mal. Ich hatte es kurz zuvor nur mit Mühe die
Treppe hoch und unter die Dusche geschafft. Die Beine sind völlig dicht und ich bin einfach nur
müde. Schon die Radfahrt zurück, vom Sportpark Wedau nach Hause war eine Quälerei.
Die Beine tun noch drei Tage lang weh. Montag sind meine Knie steif von der Überbelastung,
Dienstag dann der Muskelkater im ganzen Körper. Klasse!
Aber ob es wirklich das letzte Mal war? Nie wieder? Ich bin mir nicht mehr so sicher… es war
schon ein unglaubliches Event. Noch dazu in der Heimatstadt. In Wedau – unserem Wohnzimmer,
wie der Moderator am Start es formulierte. Und irgendwie macht er ja schon süchtig, dieser Sport.
Triathlon. Schwimmen, Radfahren, Laufen.
Videolink zum Ironman 70.3 Race Movie: https://www.youtube.com/watch?v=sCjho8sYYQI